Dies Domini – 11. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B
Es ist selbstverständlich unzulässig, die Lesungen des Sonntags umstandslos mit unserer Gegenwart kurzzuschließen. Aber es ist manchmal auch zu verlockend.
Natürlich liegt der Gedanke auf der Hand, nach der für manche verheerenden Europawahl, hoffentlich nicht für Europa selbst, auf die erste Lesung des Sonntags zu verweisen, in der der Herr schon ankündigte:
„Ich lasse den grünen Baum verdorren, den verdorrten Baum lasse ich erblühen.“ (Ez 17,24)
Hoffentlich hat er mit dem verdorrten Baum nicht wirklich die nationalen Umtriebe in Europa gemeint.
Und man fragt sich auch, welchem Vorbild der Bundeskanzler nacheifert, wenn er auf die Frage eines Journalisten in der Wahlnacht, ob er die Ergebnisse kommentieren möge, schlicht antwortet: Nö. Jedenfalls pflegt er einen anderen Kommunikationsstil als der Herr:
„Ich, der Herr, habe gesprochen und ich führe es aus.“ (Ez 17,24)
Von angemessener Sprache und zupackendem Handeln ist jedenfalls hienieden nicht viel zu sehen.
Es kann einem Angst und bange werden, wenn man auf den Zustand unserer Welt und ihre Gewaltkonflikte, ihr weiteres Zutaumeln auf die Klimakatastrophe und vielerorts eben auch den Zustand ihrer inneren Gesellschaft blickt, zumal auch stabilisierende Elemente, wie es einmal unsere Kirchen waren, immer dysfunktionaler werden, oft aus eigenem Verschulden.
Unsere Lesungen haben als eine Art Kontrastprogramm eine Idylle zu bieten: Beispiele aus der Landwirtschaft und dem Gartenbau werden bereitgehalten, von Zedern, Palmen und Senfkörnern ist die Rede und die Initiative dazu geht vom Herrn aus, nicht von den Menschen:
„Der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht wie.“ (Mk 4,27)
Sicherlich wollen uns die Lesungen damit nicht zu müßiger Ruhe verleiten, der Herr ist schließlich kein biblisches Heinzelmännchen, dem wir alles überlassen können, er wird’s schon richten. Dennoch kann es für etwas gelassene Zuversicht nützlich sein, wenn wir uns an den alten Satz erinnern, wonach an Gottes Segen alles gelegen ist. Wir sollen sicher mithelfen beim Bau des Gottesreichs und das unsere dazutun, aber doch immer des Umstands eingedenk sein, dass wir allein, ja selbst die Menschheit an sich, nicht den Himmel auf Erden errichten können. Wenn wir unser Tun im Einklang mit dem, was Gott für uns und von uns will, auf die Bedürfnisse der Welt, unserer Mitmenschen und unser selbst ausrichten, dann werden wir – wie der Gärtner mit seinen Bäumen und der Sämann mit seinem Acker – auf seine Mitwirkung hoffen dürfen. Auf seinen Segen bauen dürfen. Dann können auch bei uns die Vögel des Himmels, ja alles was Flügel hat, im Schatten unserer Zweige leben und alles was Atem hat in unserer Mitte Aufnahme finden. Manchmal spüren wir Augenblicke solcher göttlichen Nähe. Manche Texte der Heiligen Schrift lassen es merken:
„der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht wie.“
Ich wünsche uns solche frohmachenden Augenblicke der spürbaren Begegnung mit der göttlichen Liebe, die nicht einengen und begrenzen will, sondern die die Freiheit seiner Geschöpfe in der Fülle des Lebens in all seinen Formen will.
Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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